Eines der grössten Funklöcher auf dieser Welt befindet sich im Osten der USA. Die National Radio Quiet Zone, nachfolgend NRQZ genannt, ist ein Gebiet von der Fläche der Deutschschweiz, in welchem der Betrieb von Funkanlagen stark eingeschränkt ist. Die Zone wurde vor über 50 Jahren vom US-Staat errichtet, um den Funkempfang der Teleskope, die sich in ihr befinden, durch einen reduzierten Störpegel zu verbessern.

Keine Smartphones, kein WiFi und kein Radio. In der NRQZ scheint das Rad der Zeit stehengeblieben zu sein. Hier werden öffentliche Telefonzellen noch rege genutzt, ohne sie wäre die Region nämlich komplett von der Aussenwelt abgeschnitten. Handyempfang sucht man vergeblich. Schaltet man das Radio ein, bekommt man nur ein Rauschen zu hören. Der Betrieb von WiFi-Netzwerken ist gänzlich verboten.

Im Jahr 1958 erklärte der Staat das 34'000 km2 grosse Gebiet zwischen den Bundesstaaten Virgina, West Virginia und Maryland zur Schutzzone vor Radiowellen. Somit wird die ungestörte Arbeit der Teleskope in Green Bank und Sugar Grove sichergestellt. In Green Bank forscht das National Radio Astronomy Observatory (NRAO) nach Energie im Weltall. In Sugar Grove überwacht die National Security Agency (NSA) internationale Kommunikationsströme.

Karte mit eingezeichnetem NRQZ - 1: Green Bank Observatorium; 2: Sugar Grove Station

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Das Green Banks Teleskop ist mit einem Durchmesser von 100 Metern das grösste frei bewegliche Teleskop der Welt. Auf der Suche nach den Phänomenen unseres Universums ist ein absolut störungsfreies Umfeld unabdingbar. Das Teleskop ist so empfindlich, dass es sogar die Energie einer Schneeflocke messen könnte, die den Boden berührt. Da ist es nicht verwunderlich, dass sogar die Mikrowelle in der Kantine des Labors in einem abgeschirmten Käfig steht und auf dem Gelände ausschliesslich Diesel-Fahrzeuge verkehren. Die Strahlung, die von den Zündkerzen der Benziner ausgeht, wäre ein zu grosser Störfaktor. Die NRAO sucht im näheren Umkreis sogar aktiv nach Störquellen wie schlecht abgeschirmten elektrischen Anlagen, ungünstig betriebenen WiFi-Netzen, etc.

Das 150-Seelen-Dorf Green Bank, welches das Zentrum der NRQZ bildet, hat sich mittlerweile zu einem Zufluchtsort für all jene entwickelt, die unter der allgegenwärtigen elektromagnetischen Strahlung leiden. Doch die vielen Elektrosmog-Flüchtlinge stossen den Einheimischen zum Teil sauer auf. Der neue Lebensstil, welchen diese Menschen mitbringen, passt nicht jedem Einwohner. Ausserdem ist die Gegend sehr konservativ und bibeltreu. Es ist ein Ort der Eigenbrötler, die nichts mehr verabscheuen als Veränderung.

Ein paar Ausnahmen gibt es aber sogar im grössten Funkloch Amerikas. So darf CB-Funk, der nur über kurze Distanzen geht, sowie der Funk der Einsatzkräfte verwendet werden. Ausserdem funktioniert im 25 km entfernten Snowshoe sogar das Natel, dank kleinen speziellen Funkboxen, die nur über eine geringe Reichweite verfügen und somit das Teleskop nicht beeinträchtigen. Dennoch, die NRQZ ist in dieser Grösse einzigartig auf der Welt und wäre heute sicher nicht mehr durchzusetzen.

Ich kann mir ja nicht vorstellen wie ich in der NRQZ überleben würde. So ganz ohne mobiles Internet und all die tollen Errungenschaften des 21. Jahrhunderts. Ein kurzer Ausflug in die Offline-Welt würde mich aber dennoch reizen, Grenzen ausprobieren und so. Sollte ich mich auf einer Reise einmal in der Nähe befinden, mache ich auf jeden Fall einen Abstecher nach Green Bank, ist ja nur 350 km von Washington, D.C. entfernt.